Eine ältere Frau telefoniert mit einem schnurlosen Festnetztelefon.

Zwölf Callcenter zerschlagen

BW-Behörden gelingt Schlag gegen europaweiten Ring von Telefonbetrügern

Stand

Ermittler aus Deutschland und mehreren Balkanländern haben ein europaweites Netzwerk von Telefonbetrügern aufgedeckt. Diese gaben sich als Bankangestellte oder Polizisten aus, um etwa falsche Inkassoforderungen zu stellen.

Gemeinsam mit nationalen und internationalen Behörden und Organisationen aus Polizei und Justiz haben Ermittlerinnen und Ermittler aus Baden-Württemberg den wohl europaweit größten Callcenter-Betrug aufgedeckt und ein europaweites Netzwerk von Telefonbetrügern zerschlagen. 20 Menschen seien festgenommen und zwölf Callcenter zerschlagen worden, teilte das baden-württembergische Innenministerium am Donnerstag in Stuttgart mit.

"Die Ermittler haben so in rund 6.000 Fällen einen Schaden von insgesamt rund zehn Millionen Euro verhindert", sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU). Insgesamt seien in vier Staaten des Westbalkans - Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien und Kosovo - sowie im Libanon Callcenter aufgedeckt worden, hieß es.

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Betrüger gaben sich als Bankangestellte oder Polizisten aus

Die Betrüger sollen den Angaben zufolge das gesamte Spektrum der Betrugsvarianten abgedeckt haben. Beispielsweise sollen sie sich als nahe Verwandte, Bankangestellte, Mitarbeiter der Verbraucherzentrale oder als Polizisten ausgegeben haben, um Opfer mit Strafandrohungen, Gewinnversprechen oder Inkassoforderungen zu betrügen.

Unter Federführung des Cybercrime-Zentrums Baden-Württemberg bei der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe seien am 18. April mehrere nationale und internationale Polizei- und Justizbehörden mit Durchsuchungen in den genannten Ländern gegen das Netzwerk vorgegangen, erläuterte das Innenministerium. Koordiniert wurden die Einsätze von einem Staatsanwalt der europäischen Polizeibehörde Europol im niederländischen Den Haag. Die gesicherten Beweismittel würden derzeit noch ausgewertet.

Innenminister Strobl nannte die Anrufstraftaten "besonders perfide und skrupellos". Die Täter spielten "mit den Ängsten und Nöten der Menschen". Gegen diese Kriminellen werde "mit aller Härte und Konsequenz" vorgegangen, fügte Strobl hinzu.

Betrügerische Anrufstraftaten sind besonders perfide und skrupellos, denn sie spielen mit den Ängsten und Nöten der Menschen.

Ermittlungen wegen mehr als 7.500 Anrufen

Laut Innenministerium kamen die Ermittlungen im Dezember 2023 ins Rollen: Die Polizei habe aufgrund eines aufmerksamen Bankmitarbeiters einen Betrugsversuch mit einem potenziellen Schaden von mehr als 100.000 Euro verhindert. Die Telefonnummern der hierfür verantwortlichen, professionell organisierten Tätergruppe hätten innerhalb kürzester Zeit in weit über 10.000 Betrugsfällen eine zentrale Rolle gespielt, so das Ministerium. Das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg richtete daraufhin eine Ermittlungsgruppe ein, in die auch Polizeibehörden in Bayern, Sachsen und Berlin eingebunden waren.

Seit Dezember seien mehr als 100 Beamtinnen und Beamte im Schichtbetrieb im Einsatz gewesen, sagte Strobl. Sie hätten 1,3 Millionen Telefonbetrugs-Gespräche mit den auf das ganze Bundesgebiet verteilten potenziellen Opfern gesichert. Insgesamt würden Ermittlungen wegen mehr als 7.500 Anrufen geführt.

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Für BW-Justizministerin Marion Gentges (CDU) ist die Errichtung eines Cybercrime-Zentrums im Land ein voller Erfolg: "Vor nicht einmal vier Monaten gaben wir für das Cybercrime-Zentrum den Startschuss und können nun guten Gewissens sagen: Das Cybercrime-Zentrum Baden-Württemberg hat seine Feuertaufe mehr als bestanden", so Gentges.

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